9. Oktober 2019

Ausgangssituation:

Die produzierende Industrie befindet sich in der vierten industriellen Revolution und muss sich durch den Einfluss von „Industrie 4.0“ fundamental wandeln. Wesentliche Treiber sind die Digitalisierung und die Vernetzung von Prozessen, Systemen und Maschinen. Im Mittelpunkt des Paradigmenwechsels steht dabei der Mensch, der als Unternehmensmitarbeiter permanent mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird. Mit der Komplexitätssteigerung der Prozesse wächst der Anspruch an seine zu leistende Arbeit deutlich an. Dabei wird erwartet, dass der Mitarbeiter die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung und Vernetzung in seinem Arbeitsalltag anwendet. Die Anforderungen führen dabei zu einem hohen Qualifikationsbedarf. Dies gilt insbesondere für den Maschinen- und Anlagenbau, eine Branche, die als Befähigungsbranche für viele weitere produzierende Branchen gilt, etwa die Automobil-, die Medizin- oder die Weiße-Ware-Branche sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).
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Verbreiteter Ist-Stand bei der Auftragsbearbeitung in KMU
Besonders deutlich sind Defizite bei der Bearbeitung von Fertigungsaufträgen in KMU zu erkennen. Das aktuelle Vorgehen wird dazu vereinfacht in Abbildung 1 dargestellt. Während innerhalb des Auftragseingangs eine digitale Verwaltung von Planungsdaten auf Netzlaufwerken üblich ist, werden Auftragsdaten zumeist papierbasiert an die Werkstattebene weitergeleitet. Das verstärkte Aufkommen kundenseitiger Planungsänderungen führt dabei zu einem erhöhten Aufwand zur Sicherstellung der Datenaktualität. Hinzu kommen Verzögerungen des Produktionsablaufs, wenn bereits erstellte Bearbeitungsprogramme nicht mehr angepasst werden können, sondern vollständig neu erstellt werden müssen.
Die derzeitigen Ausbildungsberufe, wie z.B. Industrie- und Zerspanungsmechaniker, vermitteln grundlegende Fähigkeiten, die aber längst nicht mehr für die zu leistende Arbeit ausreichen. Der demographische Wandel sorgt für einen zunehmenden Verlust alter erfahrener Kräfte; der Arbeitsmarkt wird zunehmend divers bezogen auf das voraussatzbare Niveau der Ausbildung (z.B. im Falle zugewanderter Arbeitskräfte). Das geforderte Qualifikationsniveau der sich wandelnden Arbeitswelt steigt permanent und damit auch die Qualifikationslücke. Mit dem Problem werden insbesondere KMU konfrontiert. Zwar gibt es vereinzelt Schulungsansätze von Maschinen- oder Softwareherstellern, die Angebote vermitteln jedoch nur punktuelles Wissen (z.B. Programmiersteuerungsschulung oder Maschinenschulung). Es fehlen generisch orientierte Angebote, die einzelfallübergreifend Wissen zum Zusammenspiel von Maschine, Material, Programm und Mitarbeiter vermitteln.

Ziele und Vorgehen:

Gerade KMU sind auf eine schnelle und effiziente Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter angewiesen, um die wachsende Prozess- und Produktkomplexität zu beherrschen. Die Sicherung hoher Maschinenlaufzeiten und hoher Profitabilität hängt maßgeblich von der Arbeit der Mitarbeiter ab, z.B. in der CAx-Prozesskette. Das „Fit-Sein“ für die Herausforderungen neuer Produktionsweisen „on demand“ und „just-in-time“ erfordert ein passgenaues Qualifizierungsformat. Im Vorhaben „WerkerLab“ wird ein innovatives, interdisziplinäres, praxisnahes Schulungskonzept entwickelt, das an den sozialen Hintergrund, Wissensstand und die zeitliche Verfügbarkeit des Mitarbeiters angepasst ist und somit die Qualifikationslücken für Facharbeiter mit dem Schwerpunkt von CAx-Prozessen entlang einer Prozesskette schließt. Die gezielte Weiterentwicklung wird dabei auch ohne Unternehmensabwesenheit des Mitarbeiters aufgrund unternehmensexterner Schulungsprogramme erzielt, indem modulare Lehrinhalte mit direktem Bezug zu seiner Arbeit verfügbar sind. Dazu werden verschiedene Lernformen kombiniert, die ein geeignetes Lehrmaterial in Abhängigkeit seines Lernortes bereitstellen. Dieses erstreckt sich von klassischen Folienbeiträgen zur Nachbereitung bis hin zu digitalen Medien, die ein „Hands-On“-Lernen an seinem Arbeitsplatz ermöglichen. Die Zielgruppe sind Arbeitnehmer mit einer Grundausbildung als Industrie-, Zerspanungsmechaniker, Meister oder Techniker. Das Weiterbildungsangebot adressiert nachdrücklich auch Branchenquereinsteiger sowie Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Im Fokus stehen Bediener und Maschine.
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Soll-Zustand einer flexiblen Auftragsbearbeitung
Im Vorhaben wird für das Beispiel „WerkerLab: CAM-Programmierung“ anhand folgender Arbeitspakete ein Qualifizierungsformat entwickelt und erprobt, das beispielhaft für die Entwicklung weiterer WerkerLabs dient:

  • Ableitung von Anwendungsszenarien für „Industrie 4.0“-Ansätze
  • Entwicklung einer KMU-Bedarfs- und Profilerhebungsmethodik
  • Aufbau eines modularen Lernkonzeptes
  • Anwendung des Lernkonzeptes bei Endanwendern

Die exemplarische Entwicklung des Kursprogramms (Demonstrator) dient der Erprobung, Bewertung und Optimierung mit Zielgruppenvertretern aus produzierenden KMU. Ziel des Wissenstransfers ist die Vermittlung von anwendungsbereitem, prozess- und funktionsbezogenem Wissen.

Konsortium:

  1. WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH
  2. EXAPT Systemtechnik GmbH
  3. Camaix GmbH
  4. 3 Win Maschinenbau GmbH
  5. Human Computer Interaction Center (HCIC) der RWTH Aachen University